Batterie-Labyrinth: Von kleinen Akkus für den Keller bis zu Grossbatterien für regenerative Megawattprojekte – das Angebot an Energiespeichern ist mittlerweile enorm. ©Bild: Solar Promotion GmbH

Batteriepreise: Wann werden Solarakkus wirtschaftlich?

(©SR) Das Interesse an Solaranlagen mit Speichern steigt, denn die Systeme machen Konsumenten von den Stromkonzernen unabhängiger. Noch wird wegen der hohen Batteriepreise wenig in die neue Technik investiert, doch das dürfte sich bald ändern: Dank grösserer Produktionen und technischer Fortschritte sinken rasch die Kosten.


Immer der gleiche Ärger: Man spart Energie, und dennoch wird der Strom mit der nächsten Rechnung wieder teurer. In der Schweiz bewegen sich die Strompreise mit durchschnittlich 20 Rappen verglichen mit anderen europäischen Staaten zwar noch auf relativ niedrigen Niveau, doch wollen die Energieversorger die Preise im kommenden Jahr um bis zu elf Prozent steigen. In Deutschland kostet Haushaltsstrom aus der Steckdose mittlerweile sogar durchschnittlich 25Eurocent.

Bis zu 80% Eigenverbrauch

Zum Glück gibt es einen Ausweg aus der Strompreisfalle: Solarstrom wird immer günstiger und liegt in vielen Ländern bereits unter dem Preis für Steckdosen. In Deutschland zum Beispiel lässt er sich bereits für zwölf Eurocent pro Kilowattstunde erzeugen. Was liegt also näher, als sich aus einer eigenen Photovoltaikanlage selbst zu versorgen? Solarspeicher können den Eigenverbrauch deutlich auf bis zu 80 Prozent steigern. Sie nehmen überschüssigen Sonnenstrom auf und geben die Energie bei Bedarf wieder ab – es wird kaum noch teurer Netzstrom benötigt. Das macht die Anlagen für Verbraucher sehr interessant: Nach einer Umfrage von EuPD Research denken in Deutschland bereits fast 90 Prozent der Solarbetreiber über einen zusätzlichen Speicher nach.


Wissenschaftler sind skeptisch
Die Speicheranbieter versprechen bereits wirtschaftliche Lösungen, zu denen Kunden nicht Nein sagen können. Viele Firmen werben damit, dass sich ihre Systeme bei steigenden Strompreisen innerhalb der mindestens zwanzigjährigen Betriebszeit einer Photovoltaikanlage rechnen. Wissenschaftler sind jedoch skeptisch, ob diese Versprechen zu halten sind. Akkuexperte Uwe Sauer vom Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe an der RWTH Aachen hat zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Batteriespeichern ein Modell entwickelt, das unter anderem die Systemwirkungsgrade, die Anzahl der Vollzyklen pro Jahr, die Kapitalkosten und die Kosten für die Stromspeicherung berücksichtigt. Danach sind die Kellerspeicher derzeit allerdings noch alles andere als lohnenswert.

33 bis 35
33 Eurocent…?
Sauers Ansatz: Zuerst kalkuliert man, wie viel Energie der Akku während seiner Zyklenlebensdauer aufnehmen und wieder abgeben kann. Am Beispiel eines herkömmlichen Blei-Säure-Systems der Firma Deutsche Energieversorgung wären das 3000 Zyklen bei einer Kapazität von 24 Kilowattstunden, also insgesamt 72‘000 Kilowattstunden. Davon muss zum einen die Entladetiefe von 50 Prozent abgezogen werden, bei der überhaupt diese Zyklenlebensdauer erreicht werden kann, und zum anderen die Wirkungsgradverluste des Gesamtsystems von etwa 80 Prozent. Der Akku setzt somit während seiner Zyklenlebensdauer rund 30‘000 Kilowattstunden um. Bei einem Preis von 6300 Euro entspricht das Speicherkosten pro Kilowattstunde von 21 Eurocent. Addiert man hierzu noch Kosten des selbst produzierten Stroms von zwölf Eurocent, ergeben sich Gesamtkosten von 33 Eurocent. Damit liegt man deutlich über dem gegenwärtigen deutschen Haushaltsstrompreis von 25 Eurocent – das System rechnet sich nicht. Noch ungünstiger sieht es nach Sauers Rechnung für modernere Lithium-Ionen-Akkus aus. Danach liegen allein schon die reinen Speicherkosten für derzeitige Systeme bei mindestens 35 Eurocent.

…oder 25
33 Eurocent?
Weniger dramatisch stellt sich die Lage hingegen für die Batterieexpertin Margarete Wohlfahrt-Mehrens vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) dar. Sie kommt für klassische Bleiakkus aktuell auf rund zehn Eurocent und für die Lithium-Ionen-Batterien auf 25 Eurocent reine Speicherkosten. Und diese Kosten sind nur eine Momentaufnahmen, denn die Lithiumtechnik kann ihrer Einschätzung nach noch erheblich günstiger werden. „Wir rechnen in den kommenden Jahren mit einer Halbierung der Speicherkosten“, sagt Wohlfahrt-Mehrens. Gründe dafür sind einerseits der Ausbau der Massenproduktion und andererseits rasche Innovationen. So entwickelt die Industrie effizientere Fertigungsmethoden und leistungsstärkere Lithium-Ionen-Techniken. Um Kathode und Anode einer Lithium-Ionen-Batterie zu erzeugen, werden kohlenstoff- und lithiumhaltige Suspensionen über Walzen als nasse Schicht aufgetragen. Ziel der Hersteller ist es nun, grössere Folien zu verwenden und so die Produktion zu beschleunigen. Ausserdem entwickeln die Firmen robustere und leistungsstärkere Elektrodenmaterialien. In derzeit gängigen Akkus besteht die Anode aus Grafit, die Kathode aus Lithiummetall. Es dient als chemischer Reaktionspartner des Grafits. Die Produzenten wollen nun künftig neue Anoden etwa aus Lithium-Titanat verwenden, die schneller laden und mehr Ladezyklen durchstehen als Grafit.

Auch Lithium-Luft-Akkus gelten als Zukunftsoption. Statt Grafit oder Lithium-Titanat dient als Anode Lithiummetall, die Kathode besteht buchstäblich aus Luft. Mit dieser Technik lässt sich fünfmal mehr Strom speichern als mit Lithiumakkus, unter anderem deshalb, weil der Sauerstoff der Umgebungsluft entzogen wird, anstatt fester Bestandteil der Batterie zu sein. Bisher existieren allerdings lediglich Prototypen.

Solarbatterien rückt näher

Bis Skaleneffekte durch grössere Produktionen und Innovationen greifen, fördert die deutsche Bundesregierung die Technik. Sie unterstützt die Anschaffung seit 1. Mai mit einem Zuschuss von bis zu 660 Euro pro Kilowatt installierte Leistung der Solarstromanlage. Zudem gewährt die deutsche Staatsbank KfW ein zinsgünstiges Darlehender. Damit würde sich Amortisationszeit der Systeme deutlich verkürzen. Die Schweiz ist von einer Speicherförderung noch weit entfernt, doch schafft auch sie die Rahmenbedingungen für den solaren Eigenverbrauch. Die Regierung in Bern will 2014 die Energieverordnung reformieren und im Zuge dessen eine Regelung auf den Weg bringen, die es Solarstromproduzenten ermöglich, ihre Energie direkt selbst zu verbrauchen und Überschüsse gegen die Kostendeckende Einspeisevergütung ins öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Die Zeit der Solarbatterien rückt immer näher.

©Text: Sascha Rentzing

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1 Kommentare

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Zu beachten ist in der Schweiz, dass die Speichersysteme 3-phasig sein sollten. Ansonsten geht nur 1/3 der Haushaltsgeräte. Die Mehrheit der angebotenen Systemen erfüllen diese Kriterium nicht. Auch der Preis ist weiterhin sehr hoch. Rund 30 Rappen (günstiges Modell!) nur für die Stromspeicherung? Nimmt man 15 Rappen für die Produktion hinzu (was eher nur Grossanlagen hinkriegen) ist man bereits bei 45 Rappen. Mehr als das Doppelte vom Tarif des Tagesstrompreises und rund viermal soviel wie der Nachtstrom kostet.

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