Nicht nur das ingenieurtechnische Know-how, sondern auch die Schlüsselkomponenten für Shams stammen aus Deutschland. Bild: Sascha Rentzing

Hunderte Spiegel bündeln die Sonnenstrahlung auf einen Röhrenabsorber in 150 Meter Höhe am oberen Ende eines Turms. Darin zirkulierendes Salz erhitzt sich und erzeugt bis zu 1000 Grad Celsius heissen Dampf. Bild: Sascha Rentzing

Shams 1: Solarstrom aus der Wüste

(©SR) Im Nahen Osten und in Nordafrika sollen Sonnenwärmekraftwerke mit vielen tausend Megawatt Leistung gebaut werden. In den Vereinigten Arabischen Emiraten entsteht derzeit die weltweit erste Solarthermieanlage auf Wüstensand. Deutsche Glasbearbeiter und Maschinenbauer liefern die Schlüsselkomponenten.


Wer in jüngster Zeit die Vereinigten Arabischen Emirate bereist hat, dem ist er beim Abflug von der Hauptstadt Abu Dhabi vielleicht aufgefallen: Der silbrige See, der aus der kargen Landschaft hervorsticht. Allerdings ist es kein Wasser, das da unten in der Sonne schimmert, sondern tausende parabolisch geformte Spiegel. Sie sammeln das Licht für das weltweit erste solarthermische Wüstenkraftwerk „Shams 1“, das im Herbst ans Netz gehen soll. Concentrated Solar Power, kurz CSP, heisst diese Technologie im Fachjargon, die Sonnenwärme über Absorber als primäre Energiequelle nutzt.

450 Millionen Euro

Shams 1 gilt als wichtiger Meilenstein der CSP-Industrie. Die Internationale Energieagentur IEA erwartet, dass CSP und Photovoltaik bis 2060 zu den wichtigsten Energiequellen aufsteigen und mehr als die Hälfte des weltweiten Strombedarfs decken. Wichtige Grundlage dafür ist ein Gürtel von Solarkraftwerken in den Wüsten in Nahost und Nordafrika. Doch wegen des Wassermangels und der aufwendigen Bodenpräparation wurde dort bisher kein kommerzielles CSP-Grossprojekt umgesetzt. Die Shams Power Company, ein Joint Venture von Masdar Power, Abengoa Solar und Total, setzt nun als erste Firma für umgerechnet 450 Millionen Euro eine CSP-Anlage mitten in die Grosse Arabische Wüste.

„Wir zeigen, dass Solarthermie auf diesem schwierigen Terrain realisierbar ist“, sagt Masdar Power-Chefingenieur Olaf Goebel. Mit 100 Megawatt (MW) Leistung wird Shams 1 rund 20000 Haushalte mit Strom versorgen und dabei 175‘000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen. Nicht nur das ingenieurtechnische Know-how, sondern auch die Schlüsselkomponenten für Shams stammen aus Deutschland. Das Nürnberger Cleantech-Unternehmen Flabeg lieferte insgesamt 214‘000 Parabolspiegel mit knapp 600000 Quadratmeter Fläche. Sie fokussieren Sonnenstrahlen auf Absorberrohre, durch die ein Wärmeträger für die Dampferzeugung fliesst.

Probleme mit der Hitze

Trotz bewährter Technik waren für Shams einige technische Kniffe zu lösen. Hauptproblem ist, dass in der Wüste Wasser fehlt. Daher kann der Abdampf des Kraftwerks nicht auf konventionelle Weise durch Kondensation in einem Nasskühlturm abgekühlt werden. Dampfkühlung ist aber nötig, denn nur dann bildet sich im Kraftwerk eine Druckdifferenz zwischen heisser und kalter Seite, die den Dampf in Bewegung setzt und den Antrieb einer Turbine erst ermöglicht. Die Shams-Ingenieure mussten daher auf die teurere Trockenkühlung schwenken. Die Technik funktioniert wie ein Autokühler: Der Dampfstrom wird durch grosse Luftkondensatoren geleitet und kühlt dabei durch Konvektion, die grosse Ventilatoren unterstützten, ab. „Das reduziert den Wasserverbrauch des Kraftwerks um den Faktor 20“, erklärt Goebel.

Höhere Kosten aber auch höhere Einstrahlung

Allerdings steigen durch die Trockenkühlung und den zusätzlichen Gasbrenner deutlich die Stromgestehungskosten. Sie liegen bei Shams 1 über den Kosten aktueller spanischer CSP-Kraftwerke. Dennoch soll solarthermischen Kraftwerken in den Emiraten eine Schlüsselrolle zukommen, denn bei der hohen Einstrahlung in der Golfregion arbeiten sie sehr ertragreich und weisen zudem noch hohes Kostensenkungspotenzial auf. „Neue Technologien können die Kosten in den kommenden zehn Jahren halbieren“, sagt Robert Pitz-Paal, Co-Direktor des Instituts für Solarforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Einsparpotenziale bieten sich etwa bei den Kollektoren. Flabeg hat mit „Ultimate Through“ eine neue Technik entwickelt, die die Kosten gegenüber bisher gängigen Parabolrinnen um 25 Prozent senken soll. Die Besonderheit der Innovation sei ein grösserer Durchmesser des Absorberrohrs mit optimierter Beschichtung und damit verbesserten optischen und thermischen Eigenschaften, erklärt Flabeg-Sprecherin Kerstin Kötter. Dadurch sei ein Solarfelddesign mit geringerem Eigenenergieverbrauch und weniger Verrohrung im Solarfeld möglich. Zudem seien bei Ultimate Trough weniger Antriebe, Sensoren und Steuerelemente nötig. Im Sommer dieses Jahres soll der neue Kollektor erstmals in den USA getestet werden.

Solarstrom wird billiger

Auch der schwäbische Maschinenbauer Grenzbach hilft mit einer Neuentwicklung beim Kosten sparen. Er bietet eine mobile Fabrik an, mit der die Spiegel vor Ort montiert werden können. Das reduziere Transport- und Montagekosten, erklärt Egbert Wenninger, Leiter Vertrieb Glas.

Ein anderer Ansatz für Kostensenkungen sind Wärmespeicher riesige, mit Flüssigsalz gefüllte Tanks, die es ermöglichen, Strom rund um die Uhr auch bei Dunkelheit und Wolken zu produzieren. Dadurch wird das Kraftwerk besser ausgelastet und die Stromgestehungskosten sinken. Ausserdem kann CSP so helfen, Lücken in der Photovoltaik- und Windstromerzeugung zu schliessen.

Shams 1 integriert noch keinen Speicher, da bei der Planung marktreife Lösungen gefehlt hätten, erklärt Goebel. Daher muss ein zweiter Gasbrenner einspringen, wenn das Kraftwerk im Dunkeln Strom liefern soll. Alle Nachfolgeprojekte in den Emiraten sollen laut Goebel aber Speichertechnik enthalten. So auch Shams 2, das Ende des Jahres ausgeschrieben werde. „Dadurch wird der Solarstrom um rund ein Drittel billiger“, verspricht Goebel.

Solarturm mit Salzspeicher

Grosse Hoffnung verbinden Forscher und Ingenieure auch mit der Solarturmtechnik, einer neuen CSP-Variante. Hunderte Spiegel bündeln die Sonnenstrahlung auf einen Röhrenabsorber in 150 Meter Höhe am oberen Ende eines Turms. Darin zirkulierendes Salz erhitzt sich und erzeugt bis zu 1000 Grad Celsius heissen Dampf. Dank der höheren Temperaturen können Solartürme deutlich effizienter gefahren werden als gängige Parabolrinnenkraftwerke. Anfang Oktober ist in Cordoba in Spanien der erste kommerzielle Solarturm mit Salzspeicher mit 20 MW Leistung in Betrieb gegangen. Auch in der Wüstenstromvision Desertec spielen Solartürme eine massgebliche Rolle. Der britische Kraftwerksbauer Nur Energy will 2014 ein solches Kraftwerk mit 2000 MW Leistung mithilfe der gemeinnützigen Stiftung Desertec Foundation in Tunesien bauen. Die solare Wüstenvision gewinnt an Kontur.

©Text und Bilder: Sascha Rentzing

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1 Kommentare

bojowald

Das ist die richtige Richtung. Die 2 GW werden in den nächsten Jahren geknackt, damit gelangen wir in die Region der AKW gelangen.

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