Nanosolarzellen könnten die Photovoltaik konkurrenzlos günstig machen

Sie kommen ohne teure Halbleiter aus und lassen sich wie Zeitungen im Rolle-zu-Rolle-Verfahren produzieren: Farbstoff- und organische Solarzellen sollen in wenigen Jahren im großen Stil preiswert Sonnenenergie erzeugen. Doch es gibt Hindernisse.

In die Nano-Photovoltaik kommt Bewegung: Die Firma Plextronics hat eine neuartige Solarzelle entwickelt, bei denen statt Silizium Kunststoffmoleküle Strom produzieren. In Lösung gebracht, können diese wie beim Zeitungsdruck im Durchlaufverfahren auf Folie aufgetragen werden. „Wir wollen die Herstellkosten deutlich unter das Branchenniveau senken“, sagt Plextronics-Chef Andy Hannah. Siliziummodule liegen derzeit bei rund zwei Euro pro Watt.
Die Technik basiert auf nur millionstel Meter dünnen lichtsammelnden Schichten. Physikalisch ist sie damit der Nanotechnik zuzuschreiben. Um die Markteinführung zu beschleunigen, kooperiert Plextronics mit dem Interuniversity Microelectronics Centre (IMEC) im belgischen Leuven. Bis 2012 will das Joint Venture einen industrietauglichen Fertigungsprozess für die Technik entwickeln, zugleich Wirkungsgrad und Lebensdauer erhöhen. Effizienz und Haltbarkeit sind bislang das große Manko der Nano-Photovoltaik: Plextronics Zelle wandelt im Labor nur 5,9 Prozent Licht um und verliert schon nach einigen Tagen an Leistung, da sich die organischen Substanzen rasch abbauen.

Nur 0,50 Euro pro Watt
Experten sehen für die Technik dennoch gute Chancen. „Die Nanotechnologie eröffnet neue Möglichkeiten zur weiteren Reduzierung der Kosten von Photovoltaik und bietet das Potenzial, neue Einsatzgebiete in der Verwendung von Solarenergie zu erschließen“, sagt Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (Fraunhofer-ISE). In Deutschland wollen Bund und Unternehmen daher im Rahmen der Technologieinitiative Organische Photovoltaik bis 2012 360 Millionen Euro investieren. Die Erwartungen an die Initiative, der Konzerne wie BASF, Bosch, Merck und Schott angehören, sind hoch: Laut dem Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau soll die Technik von 2015 an große Mengen Sonnenstrom erzeugen. Und das konkurrenzfähig zu Netzstrom „Fertigungskosten von weniger als 0,50 Euro pro Watt peak sind möglich“, sagt Christoph Brabec, Technikchef des Nanozellen-Entwicklers Konarka.


Die bisherigen Errungenschaften der Firmen nähren die Hoffnung, dass die Markteinführung bis 2015 gelingen kann. Plextronics, G24 Innovations in Wales und Konarka in Lowell, Massachusetts, stellen Nanozellen bereits her, wollen ihre Produktion bald deutlich steigern. Konarka erwarb 2008 das ehemalige Werk des insolventen Kameraherstellers Polaroid. Dort könnte, so Brabec, künftig jährlich bis zu ein Gigawatt (GW) Solarstromleistung von der Rolle laufen.

Moleküle statt massivem Silizium
Drei Materialkombinationen konkurrieren um den Platz an der Sonne. Plextronics’ und Konarkas Plastikzellen bestehen aus leitfähigen Polymerketten, die das Licht in Elektrizität umwandeln. Kohlenstoffmoleküle, die sogenannten Fullerene, transportieren die Ladungsträger zu den Elektroden der Zelle, wo sie als Strom abgegriffen werden können. G24 Innovations nutzt dagegen auf Ruthenium basierende Farbstoffmoleküle zur Lichternte. Diese verhalten sich wie das Chlorophyll in einer Pflanze bei der Photosynthese: Regen Lichtteilchen sie an, geben sie Elektronen an halbleitende Titandioxid-Nanopartikel ab. Ein Elektrolyt leitet die Ladungsträger dann an die Elektroden weiter.
Der dritte Ansatz, eine Entwicklung der US-Firma Nanosolar, basiert auf Nanokristallen aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIGS). Die Technik ist nicht zu verwechseln mit sogenannten CIGS-Dünnschichtmodulen. Dabei werden die CIGS-Materialien bei hohen Temperaturen nacheinander aus der Gasphase auf einen Glasträger aufgedampft. Die so produzierte Halbleiterschicht ist einige Mikrometer dick. Die von Nanosolar verwendeten Partikel sind indes nur zwischen einem und 500 Nanometern klein und werden in Flüssigkeiten gelöst, damit sie auf Folie gedruckt werden können. Das sei die Grundvoraussetzung für niedrige Herstellkosten. Nanosolar peile 0,28 Euro pro Watt peak an, sagt der Deutschlandchef des Unternehmens, Erik Oldekop.

Zurückhaltende Geldgeber
Die Finanzkrise erschwert allerdings das Weiterkommen der jungen Branche. Sie ist stark auf Wachstumskapital von Wagniskapitalgesellschaften angewiesen, doch diese sind laut dem US-Marktforscher Cientifica wegen der Krise bei den Investitionen deutlich zögerlicher geworden. Cientifica-Chef Tim Harper schätzt daher, dass einige Venture Capital-finanzierte Nanotech-Firmen zum Überleben Patente verkaufen, etwa für neue, leistungsfähigere Moleküle oder Herstellverfahren. Ein solcher Verkauf könnte die Newcomer weit zurückwerfen, denn oft stecken jahrelange Forschungs- und Entwicklungsarbeit dahinter.


Trotz der schwierigen Bedingungen gibt es Fortschritte: So haben zum Beispiel Michael Grätzel, Erfinder der Farbstoffzelle, und sein Forscherteam von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) nach über einem Jahrzehnt Forschungsarbeit nun offenbar einen Weg gefunden, das Haltbarkeitsproblem zu lösen. Sie ersetzen den flüssigen Elektolyten durch feste jodhaltige Salze und verwenden zudem einen neuen Farbstoff, der Licht besser absorbiert. Die neuartige Zelle verspricht eine Lebensdauer von rund fünf Jahren und erreicht im Labor 9,1 Prozent Effizienz – rund zwei Prozent mehr als derzeit etwa G24 Innovations in seiner Walliser Farbstoffzellen-Fertigung erzielt. Da G24 Innovations eng mit der EPFL kooperieren, ist davon auszugehen, dass die Firma die Innovation bald vom Labor in die Testfertigung transferieren wird.


Auch die Hersteller von Kunststoffzellen wähnen sich auf gutem Weg. Konarka erwarb 2008 von der Universität Laval in Quebec, Kanada, die Lizenz für einen neuartigen halbleitenden Kunststoff, das Polycarbazol, und demonstrierte mit Zellen aus diesem Material sechs Prozent Effizienz – keine andere Plastiktechnik generiert derzeit mehr Elektrizität. Bis 2015 will Konarka zehn Prozent Wirkungsgrad erzielen und diesen Wert auf die Rolle-zu-Rolle-Produktion übertragen.
Plextronics und IMEC kommen nach eigener Aussage ebenfalls gut voran. „Plextronics’ Materialien versprechen hocheffiziente, reproduzierbare organische Solarzellen”, sagt Jef Poortmans, Solar-Programmdirektor bei IMEC. Bis 2012 wollen die Forscher mit der Firma einen Weg finden, Zellen mit sieben Prozent Wirkungsgrad und fünf Jahren Haltbarkeit in Serie herzustellen.

Text: Sascha Rentzing, www.rentzing.com

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