Elektrotankstelle: Die Elektroflotte von Teamtechnik tankt Solarstrom vom eigenen Dach. Dank einer Batterie ist das auch bei Bewölkung oder nachts möglich. ©Bild: Teamtechnik

Riesenbatterie: Der CellCube nimmt überschüssigen Ökostrom auf und gibt ihn bei Bedarf wieder ab. ©Bild: Gildemeister

Gewerbliche Eigennutzung: Sprit aus dem Solarstromspeicher

(©SR) Solarstrom direkt vor Ort nutzen – das können Unternehmen genauso gut wie Privathaushalte. Dazu braucht es eine Photovoltaikanlage und eine intelligente Grossbatterie, die den Strom bedarfsgerecht zu den verschiedenen Verbrauchern dirigiert. Ein süddeutscher Anlagenbauer zeigt, wie gewerbliche Eigennutzung funktionieren kann.


Stefan Rosskopf ging es zu langsam. Seit Jahren will die deutsche Bundesregierung die Elektromobilität flottmachen, und dennoch fahren auf Deutschlands Strassen bisher erst relativ wenig Elektroautos. „Während China mehr als eine Milliarde Euro in den Sektor pumpt, drohen Politik und Industrie hierzulande das Thema zu verschlafen“, moniert der Geschäftsführer des Automationsspezialisten Teamtechnik aus Freiberg bei Stuttgart. Voriges Jahr fasste Rosskopf daher einen Entschluss: Teamtechnik wird mit einem eigenen E-Mobility-Projekt ein Zeichen setzen. Der ehrgeizige Schwabe nahm 300‘000 Euro in die Hand und liess am Hauptsitz eine neue Photovoltaikanlage mit Speicherbatterie und Elektrotankstelle errichten. Seit April versorgen zwei energieautarke Ladestellen nun die kleine Elektro-Smart-Flotte des württembergischen Mittelständlers, überschüssiger Strom fliesst in dessen Produktion oder ins öffentliche Stromnetz.

Blaupause für künftige Energieprojekte

„Unternehmen mit hoher Technologiekompetenz wie wir müssen die Umsetzung der Energiewende vorantreiben“, sagt Rosskopf. Wobei der Klimaschutz nicht der einzige Antrieb für das Vorhaben war. Teamtechnik baut Montage- und Prüfanlagen unter anderem für die Auto- und die Photovoltaikindustrie und gilt als Spezialist für Fertigungsequipment für den Antriebsstrang moderner Hybrid- und Elektrofahrzeuge sowie die kosteneffiziente Herstellung von Solarmodulen. Mit dem neuen Projekt kann das Unternehmen seine Innovationsstärke auch in der Verbindung von Elektromobilität mit Photovoltaik demonstrieren. Zwar amortisiert sich das neue Energiesystem unter heutigen Bedingungen erst nach mehr als zehn Jahren. Trotzdem könnte die Eigenstromlösung von Teamtechnik als Blaupause für künftige Energieprojekte dienen. Der Erfolg der Energiewende ist an zwei Bedingungen geknüpft: Solar- und Windstrom stehen witterungsbedingt nur unregelmässig zur Verfügung. Für mehr Ökostrom müssen daher die Stromnetze ausgebaut und Speicher installiert werden, die ihn kalkulierbar und wettbewerbsfähig machen. Die E-Mobility könnte der Energiewende zusätzlichen Schub verleihen. Indem Elektroautos überschüssigen Ökostrom tanken und ihn bei Bedarf wieder abgeben, gleichen sie wie Speicher Erzeugungsschwankungen aus und werden somit zu einem wichtigen Bestandteil des intelligenten Stromnetzes. Bisher ist das „Smart Grid“ erst im Entstehen. Schlüsselkomponenten wie Batterien oder Kommunikationstechnologien werden derzeit auf vielen Ebenen noch weiterentwickelt. Teamtechnik zeigt aber, dass das Zusammenspiel von erneuerbarer Energie, Speicher und Elektroautos grundsätzlich gut funktioniert.


Vanadium-Redow-Flow-Batterie
Die Ausgangsfrage bei dem Unternehmen war, wie eine Ladestelle für den Elektro-Fuhrpark ohne Stromlieferungen von ausserhalb realisiert werden kann. Zehn bis 15 Elektroautos werden die Elektroladestellen regelmässig ansteuern, zudem private Elektrofahrzeuge von Mitarbeitern. Fest stand: Als Zulieferer der Photovoltaikindustrie wird Teamtechnik auf Solarstrom als Treibstoff für seine Elektroflotte setzen. Deshalb installierten die Schwaben auf einer ihrer Produktionshallen 347 multikristalline Module ihres chinesischen Kunden Eging Photovoltaic Technology mit 86.75 Kilowatt Gesamtleistung. Doch wie würde sich sicherstellen lassen, dass auch bei Bewölkung oder nachts geladen werden kann, wenn das Solarkraftwerk keinen Strom liefert? Gildemeister energy solution, die Sparte Energielösungen des Bielefelder Maschinenbauers Gildemeister, nahm die Projektplanung in seine Hand und lieferte mit der Vanadium-Redow-Flow-Batterie „CellCube FB 20-100“ die Lösung. Der Hochleistungsakku ist in etwa so gross wie ein Baucontainer, verfügt über eine Leistung von 20 Kilowatt und kann 100 Kilowattstunden Solarstrom speichern – mehr als zehn Mal so viel wie ein Heimspeicher für einen Privathaushalt.

Energiemanagementsystem

„Photovoltaikanlage und Batterie sind bei Teamtechnik so konzipiert, dass durchgehend Energie zur Verfügung steht – selbst wenn mehrere Tage hintereinander die Sonneneinstrahlung nur gering ist“, erklärt Stefan Schauss, Technischer Vertrieb für Speicherlösungen von Gildemeister energy solutions. Ein in den CellCube integriertes Energiemanagementsystem verteilt die Solarenergie vom Hallendach nach definierten Prioritäten. Zuerst werden die beiden Ladesäulen mit je 52 Kilowatt maximaler Ladeleistung bedient. Sind sie geladen, wird der CellCube gefüllt. Das geht bei 100 Kilowattstunden Kapazität innerhalb von fünf Stunden. Ist auch der Speicher voll, treibt der Solarstrom die Anlagen im Teamtechnik-Werk an. An produktionsfreien Tagen fliessen die Überschüsse ins öffentliche Stromnetz und werden vom regionalen Energieversorger gemäss dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet. Wenn die Photovoltaikanlage keinen Strom produziert, stellt der CellCube gespeicherten Solarstrom bereit. Können weder die Solarmodule noch der Speicher Energie liefern, muss das öffentliche Netz zum Laden angezapft werden. „Dieser Fall ist bei der Dimensionierung von Photovoltaikanlage und Batterie aber unwahrscheinlich“, sagt Schauss.

Speicher und Stromproduktion getrennt

Dass Teamtechnik für sein Projekt auf die Redox-Flow-Technologie zurückgreift, hat einen guten Grund: Flussbatterien können grosse Energiemengen vergleichsweise günstig speichern. Im Gegensatz zu herkömmlichen Bleiakkus oder Lithium-Ionen-Batterien sind Speicher und Stromproduktion beim CellCube getrennt. Die elektrische Energie wird in Flüssigkeiten in zwei unabhängigen Tanks aufbewahrt, die der benötigten Kapazität leicht angepasst werden können und sich relativ preiswert herstellen lassen. Erst beim Laden oder Entladen fliessen die Elektrolyte langsam durch die Zellen, die dann Strom liefern oder ihn in Form von Ionenlösungen speichern. Zudem bieten Redox-Flow-Batterien den Vorteil, dass sie problemlos tiefentladen werden können und sich selbst im Ruhezustand nur minimal entladen – beides sind bei herkömmlichen Batterien oft entscheidende Nachteile. „Die Elektrolyte nutzen sich nicht ab und können nach der Nutzungszeit weiterverarbeitet werden“, erklärt Schauss. Gildemeister energy solutions gibt die Lebensdauer des CellCube daher mit 20 Jahren an. Die Technik hält damit mindestens genauso lange wie die als Solarspeicher in Einfamilenhäusern eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien.

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elativ einfach
Zum hohen Nutzwert kommt, dass CellCube trotz seiner technischen Komplexität recht leicht montiert werden kann. Da Gildemeister energy solutions die Batterie komplett schlüsselfertig anliefert, muss sie im Prinzip nur an den Wechselrichter der Photovoltaikanlage angeschlossen sowie mit den Ladestationen und dem öffentlichen Netz verbunden werden. Bei Teamtechnik hat die Firma B&W Energy aus dem norddeutschen Heiden die Solarmodule und den CellCube installiert. „Das war relativ einfach“, sagt der B&W-Projektleiter Andre Krause. Gildemeister energy solutions habe bereits sämtliche Vorarbeiten erledigt: vom Aufstellen, über das Befüllen bis zum Beladen der Batterie. „Wir haben dann die Leistungsberechnung und die Dimensionierung der Kabel übernommen.“ Zudem hat sich B&W um den Netzanschluss gekümmert. „Das war aber kein grosse Sache; die Netzgesellschaf hatte keine besonderen Anforderungen“, erklärt Thomas Spirres, der bei B&W für das Netzanschlussmanagement verantwortlich ist.

Die reibungslose Projektrealisierung und der erste Eindruck des Energiesystems nach einigen Wochen Betriebszeit haben auch Teamtechnik-Chef Stefan Rosskopf überzeugt. „Wir werden die Sache hier noch einige Monate beobachten und CellCube dann gegebenenfalls erweitern.“ Stefan Schauss von Gildemeister energy solutions sagt, auch immer mehr andere Firmen zeigten Interesse an der neuen Batterie.

©Text: Sascha Rentzing

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3 Kommentare

Redaktion ee-news

Hier finden Sie auf ee-news.ch weitere Fachbeiträge zum Thema Brandfall und Photovoltiak:
- Photovoltaik-Brandschutz: Fakten statt Phantomehttp://www.ee-news.ch/de/article/26001
-ISE: Workshop Brandschutz an Photovoltaik-Anlagen http://www.ee-news.ch/de/article/25672
- Photovoltaik und Feuerwehr: Eine Frage der Schulung http://www.ee-news.ch/de/article/20264
- Brandschutz-Merkblatt VKF - Stand-der-Technik-Papier Swissolar auf der Homepage von Swissolar http://www.swissolar.ch/de/news-swissolar/news-detail/?tx_ttnews[tt_news]=2422&cHash=008d664537eca078c152eb167d73448f

Klartext123

Gute Ideen und gut für die nachfolgenden Generationen, trotzdem eine Frage: Wie ist der Sachverhalt betreffend der Brandgefahr einer Photovoltaikanlage. Ich habe gehört das die Feuerwehr sich nicht traut den Wasserstrahl draufzuhalten, denn dann gibt´s für den Feuerwehrmann einen elektrischen Stromschlag. Was ist da dran?

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