Von 2014 bis 2017 lag der jährliche Zubau bei durchschnittlich 4600 MW. Für 2019 rechnen BWE und VDMA Power Systems aufgrund von Fehlern im Ausschreibungsdesign und Genehmigungsstau mit einem Zubau von rund 1500 MW. Bild: Deutsche WindGuard

Regionale Verteilung der kumulierten Leistung. Bild: Deutsche WindGuard

Entwicklung der jährlich und anteilig im Rahmen von Repowering-Projekten installierten sowie abgebauten Leistung. Bild: Deutsche WindGuard

Deutschland: Zubau Windenergie auf niedrigstem Stand seit Einführung von EEG – Genehmigungsstau dringend auflösen

(BWE) Der Zubaurückgang der Windenergie an Land in Deutschland im ersten Halbjahr 2019 war deutlich: Der Bruttozubau betrug 287 MW bzw. 86 Anlagen, das entspricht im Vorjahresvergleich einem Rückgang um 82%. Zieht man den Rückbau von Windenergieanlagen ab, ergibt sich ein Nettozubau von lediglich 231 MW bzw. 35 Anlagen, der schlechteste Wert seit Einführung des EEG im Jahr 2000.


„Die deutsce Bundesregierung spricht einerseits von der Erreichung ambitionierter Ausbau- und Klimaschutzziele für die Jahre 2030 und 2050, andererseits fehlt hierfür die Perspektive. Das Delta zwischen Anspruch und Wirklichkeit nimmt zu. Genehmigungsstau und Klageflut belasten die Branche und führen zur Unterzeichnung der aktuellen Ausschreibungen. Die derzeitige Schwäche des deutschen Markts liegt nicht an den Unternehmen der Branche, die kosteneffiziente und hochinnovative Produktneuheiten auf den Markt bringen, sondern an politischen Rahmenbedingungen im Bund sowie in einzelnen Ländern. Wir befinden uns mitten in einer Talsohle. Diese müssen wir dringend verlassen“, kommentiert Hermann Albers, Präsident Bundesverband WindEnergie. 

Prognose für 2019 auf ca. 1500 MW korrigiert
In den Jahren 2014 bis 2017 lag der jährliche Zubau bei durchschnittlich 4600 MW. Für 2019 rechnen BWE und VDMA Power Systems aufgrund von Fehlern im Ausschreibungsdesign und Genehmigungsstau mit einem Zubauvolumen von rund 1500 MW, wobei auch diese Prognose mit Risiken behaftet ist. Damit korrigieren die Verbände ihre Prognose aus dem Januar nach unten.

„Es ist hart für die Branche, jetzt die Prognose kappen zu müssen, denn wir sehen ja, dass mehr erneuerbare Energie gebraucht wird. Immer mehr Industrieunternehmen wollen klimaneutral produzieren. Wärme und Verkehr brauchen zusätzlich erneuerbaren Strom. Es wird zum Standortfaktor, Stromnachfrage nach erneuerbaren Energien decken zu können. Noch besteht die Möglichkeit, durch politisches Umsteuern die Trendwende zu schaffen und für die Jahre ab 2020 wieder eine Perspektive zu eröffnen. Wir schliessen uns deshalb der Bitte an die Kanzlerin an, einen Windenergie-Gipfel zu organisieren, um neue Impulse zu setzen und wieder das Schrittmass der industriellen Entwicklung zu bestimmen“, betont Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems. 

„Ende des Jahres werden die EU-Energie- und Klimapläne der Mitgliedsstaaten übermittelt. Es muss jedem klar sein, dass diese vergleichbar mit Bewerbungen um Investitionen aus aller Welt sind. Hier können Investoren ablesen, wie ambitioniert und mit welcher Stabilität der Umbau des Energiesystems vorangeht. Die Feststellung, dass wir einen „Herbst der Entscheidungen“ vor uns haben ist also keineswegs aus der Luft gegriffen“, führt Matthias Zelinger weiter aus.


Gute Aussichten für die globale Windindustrie
Die Perspektive für die globale Windindustrie ist positiv. Für die Jahre 2019 – 2023 prognostiziert der Global Wind Energy Council für die Region Asien einen Zubau von Windenergie an Land von 145‘000 MW, gefolgt von Europa sowie der Region Nord- und Südamerika mit jeweils 63‘000 MW. Allein im Jahr 2019 wird für den Weltmarkt ein Zubau von rund 59‘000 MW prognostiziert. „Mit nur noch 2.5 Prozent des Weltmarktvolumens droht Deutschland als Innovations- und Industriestandort den Anschluss zu verlieren. Die Windenergie ist weltweit eine der Schlüsseltechnologien für Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung. Sie gehört in den Mittelpunkt einer klaren industrie- und wirtschaftspolitischen Strategie für Deutschland. Nur so werden die Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im wachsenden Weltmarkt langfristig wettbewerbsfähig bleiben können“, sagt Matthias Zelinger.


Stockende Genehmigungen, zunehmende Klagen und Ende der EEG-Vergütungszeiträume verschärfen die Situation
Die kürzlich veröffentlichte Analyse der Fachagentur Wind an Land (FA Wind) hat die Klagegründe gegen Windenergieprojekte analysiert. Demnach sei der Natur- und Artenschutz mit weitem Abstand der Hauptklagegrund, aber auch militärische Belange und UKW-Drehfunkfeuer stellten bedeutende Genehmigungshemmnisse und Einschnitte in die für den Windenergiezubau zur Verfügung stehende Flächenkulisse dar. Insgesamt seien hier 4.790 MW blockiert, davon allein 2.370 MW Windenergieleistung durch international einzigartige Prüfbereiche von 10-15 km um Drehfunkfeuer. Angesichts der abnehmenden Bedeutung dieser Anlagen brauche es eine schnelle Lösung durch den Bundesverkehrsminister und die zuständigen Landesminister, machten die Branchenvertreter deutlich.

„Die Energiewende scheitert nicht an den Kosten, sondern wird durch unzureichende Flächenbereitstellung in den Ländern, fehlende Genehmigungen und Klagen sowie Widerspruchsverfahren gegen bereits erteilte Genehmigungen aufgehalten. Insgesamt 11.000 MW Windprojekte stecken derzeit im Genehmigungsverfahren fest. Wir können es uns nicht erlauben, den Lastenträger des künftigen Energiesystems weiterhin in dieser Form auszubremsen. In seinem Aktionsplan zeigt der BWE sehr dezidierte Massnahmen für schnelle administrative Regelung in Ländern und im Bund auf, die die Politik zügig aufgreifen sollte“, sagt Hermann Albers.

„Ab 2021 fallen Bestandsanlagen sukzessive aus der EEG-Fördersystematik. Hier sind flexible und praktikable Lösungen erforderlich, um Repowering und Weiterbetrieb zu gewährleisten. Bis 2025 geht es um 16‘000 MW Windenergieleistung. Dies ist eine für die Energieversorgung unseres Landes relevante Grösse. Mit Blick auf diese Bestandsanlagen, aber auch für den Neubau, müssen Eigenversorgungs- sowie Direktbelieferungsmöglichkeiten verbessert werden. Deshalb gehört die Reform von Abgaben und Umlagen im Energiesystem jetzt auf die Tagesordnung“, so Albers weiter. 

Mittelfristig hervorragende Perspektiven für Windenergie
Die deutsche Regierungskoalition hat eine Erhöhung des Erneuerbaren-Anteils an der Stromversorgung auf 65 Prozent bis 2030 zugesagt. Bis 2050 soll Deutschland weitgehende Treibhausgasneutralität erreichen. Dafür braucht es nach Berechnungen des Bundesverbands erneuerbare Energie einen jährlichen Windenergiezubau an Land von 4700 MW. Das Nachsteuern über Sonderausschreibungen im Zuge des Energiesammelgesetzes war richtig. Es fehlt aber weiterhin ein klares Mengengerüst für den Zubau der Windenergie bis 2030. Hier muss die Bundesregierung endlich liefern!

Status des Windenergieausbaus an Land

Leistung

Anzahl Anlagen

Brutto-Zubau im 1. Halbjahr

287 MW

86

Davon Repowering

41 MW

12

Abbau im 1. Halbjahr

56 MW

51

Netto-Zubau im 1. Halbjahr

231 MW

35

Kumulierter Anlagenbestand am 30.06.2019

53'161 MW

29'248

Factsheet: Windenergieausbau an Land - Halbjahreszahlen 2019 >>

Text: Deutscher Bundesverband WindEnergie

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