Mehrere III-V Tandemsolarzellen auf einem Silicium Substrat mit 10 cm Durchmesser. ©Bild: FI/ISE, Markus Feifel

Schichtstruktur der III-V/Si Mehrfachsolarzelle, Quanteneffizienz sowie IV-Charakteristik unter AM 1.5g Spektralbedingungen. ©Bild: FI/ISE

Fraunhofer ISE: Erzielt Wirkungsgrad-Rekord von 25.9% bei Tandem-Solarzelle

(FI/ISE) Das Fraunhofer ISE verzeichnet mit 25.9 Prozent Wirkungsgrad einen neuen Rekordwert für eine direkt auf Silicium gewachsene III-V/Si Tandemsolarzelle. Diese wurde erstmals auf einem kostengünstigen Siliciumsubstrat hergestellt – ein Meilenstein auf dem Weg zu wirtschaftlichen Lösungen für die Tandem-Photovoltaik.


Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE arbeitet bereits seit vielen Jahren an Mehrfachsolarzellen, bei denen zwei oder drei Teilzellen übereinander angeordnet werden, um unterschiedliche Wellenlängen des Sonnenlichts in Strom zu wandeln. Für den infraroten Anteil des Spektrums eignet sich Silicium als Absorber und darüber werden wenige Mikrometer dünne Schichten aus III-V-Halbleitern aufgetragen, dies sind Materialien aus den Gruppen III und V des Periodensystems, welche das ultraviolette, sichtbare und nahe infrarote Licht effizienter in Strom wandeln. Reine III-V Halbleiter-Solarzellen werden bereits im Weltraum und in der Konzentrator-Photovoltaik eingesetzt. Durch kostengünstigere Verfahren im Zusammenspiel mit Silicium als unterster Teilzelle soll die Tandem-Technologie in Zukunft auch für die breite Photovoltaik zugänglich gemacht werden. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.

25.9 Prozent für direkt auf Silicium gewachsene III-V/Si Tandemsolarzelle
Es gibt unterschiedliche Ansätze, um Kombinationen aus III-V- und Siliciumsolarzellen herzustellen. So hält das Fraunhofer ISE seit 2019 den Weltrekordwert von 34,1 Prozent Wirkungsgrad (neu 34.5 Prozent) für eine Tandemsolarzelle, bei der die III-V Halbleiterschichten von einem Galliumarsenid-Substrat auf Silicium übertragen werden, wobei die Schichten durch einen sogenannten Wafer-Bond verbunden sind. Diese Technologie ist effizient, aber teuer. Daher arbeitet das Fraunhofer ISE seit vielen Jahren an direkteren Herstellungsverfahren, bei denen die III-V Schichten auf eine Siliciumsolarzelle abgeschieden bzw. epitaxiert werden. Hierbei ist es entscheidend, eine hohe Kristallqualität aller Schichten zu erhalten – eine grosse Herausforderung. Für eine solche, direkt auf Silicium gewachsene III-V/Si Tandemsolarzelle wurde jetzt mit 25.9 Prozent ein neuer Rekord-Wirkungsgrad erzielt.

Fraunhofer ISE Wissenschaftler Markus Feifel konnte seinen Erfolg jüngst auf der 47. IEEE Photovoltaic Specialists Conference, die wie derzeit viele Konferenzen online stattfindet, präsentieren und wurde dafür mit dem Student Award in der Kategorie Hybrid Tandemsolarzellen geehrt. »Von aussen ist die komplexe innere Struktur der Zelle nicht sichtbar, da alle Absorber durch weitere Kristallschichten miteinander verbunden und elektrisch verschaltet sind«, erklärt der junge Solarzellenforscher, der damit in weniger als einem Jahr das Ergebnis seiner Arbeiten von 24.3 auf 25.9 Prozent verbessern konnte. »Gelungen ist dieser Erfolg durch das Austauschen einer einzigen dünnen Schicht innerhalb der Mehrfachzelle«, erklärt er weiter. »Eine sorgfältige Analyse unserer Zellen ergab, dass diese Schicht zu einer Barriere für die Stromleitung geführt hat.«

Wichtiger Schritt Richtung Wirtschaftlichkeit
In kleinen Schritten haben die Fraunhofer Forscher die Technologie seit 2007 gemeinsam mit der TU Ilmenau, der Philipps Univ. Marburg und der Firma Aixtron weiterentwickelt, spezielle Epitaxie-Anlagen aufgebaut und jede einzelne Schicht der Struktur untersucht. Ein besonderes Highlight der neuen Tandemsolarzelle ist es, dass die III-V Schichten nicht wie bisher üblich auf einem chemisch-mechanisch polierten Substrat gewachsen wurden, sondern auf einem Silicium-Wafer, der nach dem Sägen des Kristalls in einem einfachen Verfahren nur mittels kostengünstiger Schleif- und Ätzprozesse behandelt wurde. Im Rahmen des europäischen Projekts Sitasol hatte die dänische Firma Topsil diese Silicium-Wafer entwickelt und damit einen wichtigen Schritt in Richtung einer wirtschaftlichen Produktion der neuen Mehrfachsolarzellen realisiert. In Zukunft wird es darum gehen, die Effizienz noch weiter zu erhöhen und auch die Abscheidung der Schichten noch schneller, mit höherem Durchsatz und damit kostengünstiger zu realisieren, mit dem Ziel, dass die Tandem-Photovoltaik einen wichtigen Beitrag zu dem für die Energiewende notwendigen Photovoltaik-Zubau leisten kann.

Schlüsseltechnologie für die Energiewende
Strom aus Solarzellen ist in vielen Teilen der Welt heute die günstigste Form der Energiegewinnung. »Die europäische Photovoltaik-Forschung hat zahlreiche Konzepte in Arbeit, um die Effizienz dieser Schlüsseltechnologie für die Energiewende noch weiter zu entwickeln«, so Prof. Stefan Glunz, Bereichsleiter Photovoltaik – Forschung. »Wir arbeiten nicht nur daran, die Produktion von Siliciumsolarzellen noch nachhaltiger und kostengünstiger zu machen, sondern gehen gleichzeitig neue Wege, um das bewährte Silicium in Verbindung mit anderen Halbleitermaterialien zu noch höheren Effizienzen zu führen. Dies gelingt uns mit der Tandem-Photovoltaik.« Die Tandem-Photovoltaik eröffnet nicht nur den Weg in die Zukunft der Stromerzeugung, diese Solarzellen eignen sich – aufgrund ihrer höheren Spannung – auch gut für die Elektrolyse, die direkte Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Somit kann diese Technologie auch einen Beitrag zur Gewinnung von Wasserstoff als Energiespeicher und wichtigem Baustein für die Energiewende leisten.

Text: Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE

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1 Kommentare

Max Blatter

Klar: Mit Wirkungsgradverbesserungen kann man Schlagzeilen machen. Sind die verfügbaren Flächen knapp, ist der Wirkungsgrad auch tatsächlich eine wesentliche Größe, durch die die Energiewende entweder eingebremst oder erst ermöglicht werden kann.

Nur: Von einer Flächenknappheit sind wir im Moment noch weit entfernt (egal ob in Deutschland oder in der Schweiz). Ich denke sogar (durch einfache "Milchmädchenrechnungen" gestützt), dass die Energiewende auch mit herkömmlichen Siliziumzellen zu schaffen ist.

Technischer Fortschritt ist nie falsch, aber man muss ihn stets im Kontext mit den wichtigen Kenngrössen sehen. Bei der Fotovoltaik sind diese: In erster Priorität die Relation "Ertrag" zu "Produktionskosten" (unter Berücksichtigung der Lebensdauer); erst in zweiter Priorität die Relation "Ertrag" zu "Flächenbedarf" (also der Wirkungsgrad).

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